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24.03.2017 Brunsbrocker  Abend   -Luther und die Politik-

Brunsbrocker Abend mit Dr. Georg Gremels

Zum 22. Brunsbrocker Abend konnte die St. Matthäus-Gemeinde als Veranstalter im Müllerhaus Brunsbrock den früheren stellvertretenden Missionsdirektor des Hermannsburger Missionswerks (ELM) Dr. Georg Gremels begrüßen, der der Frage nachging: „Martin Luther und die Politik – ein reaktionärer Revolutionär“. In seinem kurzweiligen Vortrag stellte er den Reformator unter drei Gesichtspunkten vor und legte dar, dass Martin Luther ein Revolutionär, ein Reaktionär und ein Visionär gewesen sei.
Der Referent machte deutlich, dass es niemals Luthers Absicht gewesen sei, es mit der Politik aufzunehmen. Seine Frage „Wie werde ich vor Gott gerecht?“ bzw. „Wie komme ich in den Himmel?“ traf jedoch in einer Zeit auf ein kirchliches Gebilde, das bereits tief politisch verstrickt war, weil der Papst durch den Ablass seine Macht in Rom sichern wollte. Zudem wollte auch der damalige Kaiser Karl V. aufkommende Unruhe in der Kirche eindämmen und die Luther-Frage geklärt haben, um die politische Einheit in seinem Land zu sichern. Luther wiederum wurde vom Politiker seines Landes, Friedrich dem Weisen, geschützt, sodass er ungehindert seine reformatorischen Erkenntnisse verbreiten konnte.
Nachdem Luther sah, dass der Papst keine Absicht hatte, an den kirchlichen Missständen etwas zu ändern, sah er sich gezwungen, die Politiker des Landes aufzurufen, tätig zu werden. Grundlegend war dabei für ihn die Erkenntnis, dass durch die Taufe vor Gott alle gleich seien und der geistliche Stand (Klerus) keine Macht über das Volk habe. Es seien lediglich verschiedene Ämter, die in der Kirche und der Welt wahrgenommen würden, die jedoch den Papst nicht über die Magd und den Priester nicht über den Schuster stellen würden. Dass ja auch heute Priester und Pastoren unter die Gerichtsbarkeit des Staates fallen, machte Gremels deutlich, indem er auf die Missbrauchsfälle in der römisch-katholischen Kirche hinwies.
Auch die dunklen Seiten Luthers wurden an diesem Abend nicht außer Acht gelassen. „Das Thema Luther und die Juden scheint in diesem Jahr wirklich das Hauptthema zu sein“, sagte Gremels. Luther habe da ein paar Jahre vor seinem Tod schreckliche Dinge geschrieben, die er besser hätte lassen sollen. Interessant sei dabei, dass diese Schrift gegen die Juden jedoch viele Jahrhunderte lang in der Versenkung verschwunden sei, bis sie schließlich von den Nationalsozialisten wieder ans Tageslicht gebracht worden seien.
Auch sein Verhalten in den „Bauernkriegen“ sei nicht rühmlich gewesen für den Reformator. Hier habe Luther jedoch noch zu Lebzeiten selbst eingesehen, dass er große Fehler gemacht hat. Nachdem er die Bauern dazu ermutigt hatte, die hohen finanziellen Abgaben bei den Fürsten zu monieren und diese schließlich Aufstände ausübten, die geradezu ausuferten, forderte er die Fürsten wiederum auf, die Aufstände der Bauern niederzuschlagen, da hier die „Tollwut“ um sich greife. „Es sei besser, dass ein tollwütiger Hund erschlagen würde (Bauern), als dass man selbst von dieser Krankheit befallen wird und umkomme“, zitierte Gremels Luther.
In seinem letzten Teil ging Gremels auf die Zwei-Regimente-Lehre ein. Diese 2 Regimente sind zum einen das Weltreich, in dem Christen und Nichtchristen miteinander leben und zum anderen das Reich Gottes, in dem alle Getauften lebten.
Im Weltreich sei es notwendig, dass es Gesetze und Ordnungen gibt, um Gewalt einzudämmen und Macht verantwortlich zu gestalten. Da in diesem Reich auch Verbrecher und Gewalttäter lebten, ist es die Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass hier Grenzen aufgezeigt würden.
„Ein Christ, der durch die Taufe im Reich Gottes lebt, braucht eigentlich das Weltreich gar nicht“, so Gremels. Wer sich an der Bergpredigt Jesu ausrichte (Matthäus 5-7) und daher seinen Feind liebe, Nächstenliebe übe, dem anderen Kleidung abgebe und sogar die andere Wange anbietet, wenn er auf die erste Wange geschlagen wird, der braucht keine Gesetze und Ordnungen, weil er von Gottes Geist ergriffen sei.
Doch, so Gremels, kenne er sich selbst als Mensch nur zu gut, dass es in den Herzen der Menschen auch die bösen Gedanken, Gefühle gibt, die sich auch in bösen Taten widerspiegeln. Wichtig sei dabei, dass die weltliche Obrigkeit nur Gewalt über den äußeren Menschen habe, also auf seinen Körper. Der innere Mensch mit seiner Seele, sei einzig und allein Gott gegenüber verantwortlich.
Da ein Christ in dieser Welt immer in beiden Reichen lebe, entbinde ihn das nicht von politischer Verantwortung, sondern weise ihn vielmehr darauf hin, sich als Staatsbürger zu engagieren, damit z.B. auch Terror, wie er momentan vom IS ausgehe, eingedämmt wird. Als Christ erleide man jedoch auch immer wieder Unrecht.
Das Dilemma an dieser Situation wurde in der dem Vortrag anschließenden Aussprache deutlich, die Dr. Winkelmann leitete. Man müsse eben immer im Einzelfall abwägen, was der richtige Weg sei, wenn es z.B. darum gehe Widerstand oder Krieg zu führen, um Unrecht an anderen zu verhindern. Natürlich dürfe man als Christ auch Militärdienst leisten, so Gremels, der damit schloss, dass die beiden Regimente (Weltreich und Gottesreich) klar zu unterscheiden, aber nicht voneinander zu trennen seien.
Pastor Otto dankte dem Referenten für sein Kommen und verabschiedete die Besucher des Abends. Der nächste Brunsbrocker Abend ist für Herbst 2017 geplant.